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Chapter 2

V
roni sah in ihre Heimat. Sie hörte die flatternden Lärchen und singenden Spatzen, die ratternden Frösche und tippelnden Katzen, sie blickte in die weißen Gebirgsspitzen, die duftenden Blumen und grünen Gräser, die hoppelnden Hasen und blauen Himmel, die lieben Wolken, die Haselholzhütten, auf den Hängen, die singenden Ziegen, die liebe Luft im Tal, den süßen Wein... Alles war so wunderwunderschön! So frisch. So alpenduftig! Es war die Zeit des Erwachens - Frühling! Ein Schmetterling setzte sich frech auf ihren Bauchnabel. Sie betrachtete ihn: Seine Flügel waren im Unterschied zum Körper glühend orangefarben! Sein Körper war schwarzweiß. Ein Königsadmiral! musste das sein. Ein seltenes, ein wunderschönes Tier! Sie stupste das Hinterteil leicht mit ihrem Ringfinger an, und er flog mit sofortiger Beschleunigung, aber langsam flatternd davon! Seine Flugbahn war zickig und zackig und führte ihn luftig Richtung Matterhorn. Vroni stellte ihre Augen scharf und betrachtete den kralligen Berg. Wie seltsam gehörnt der "Monte Cervino" doch war! Nur Gott konnte einem Berg eine solche Form geben! Der weiße Gletscher war gut zu erkennen. Vielleicht sollte sie diesen Sommer einfach nochmal hochgehen, mit kompletter Ausrüstung. Einfach etwas riskieren, statt immer nur die Waalwege der kleinen Berge abzulaufen. Obwohl auch die schön waren: Man konnte schier ewig an diesen putzigen Wasserwegen entlangrennen und mit dem Stock -wandern. Und manchmal entdeckte man sogar einen kleinen Silberling im Bach, hüpfend angespült von der kleinen Gischt nahe der Quelle... Heute aber wanderte nur Vronis Blick. Er wanderte weiter über den Findelgletscher, den Gornergrat und Gornergletscher, die Huschtuschalm und dann rüber zum Alphubel. Nur wenige Wolken sammelten sich über dem Viertausender... Vroni richtete sich langsam auf, mit ihren dünnen Armen, und blinzelte in die Natur... vor ihr, neben der buntblühenden Wiese, auf der sie lag, war ein Waldstück in dichter Baumreihe. Etwas hatte sich da doch grad bewegt! Vroni zwickte die Augen zusammen. Bei näherem Hinsehen glaubte sie das Geweih eines Waldhirschen zu erkennen. Ja. Ja! Es wankte auf und ab. Ha! Sie würde sich an ihn heranpirschen...

Hui! Das war ein Spaß! Auf allen Vieren hatte es Vroni bereits bis auf 20 Meter an den Hirschen heran geschafft, ohne dass das Tier ihr Robben bemerkt und Verdacht geschöpft hatte. Denn sie schlich in den Armen der Natur: Hohe, rot-grüne Glocken-Kräuter schützten sie vor seinem Blick. Er hob das Geweih. Sie erstarrte. Er senkte den Kopf. Sie krabbelte noch einen Meter gut. Eine Alpendrossel flog weg, hihi, vor ihrer Nase. Gleich würde sie aufstehen und zum Hirschen hinrennen - und ihn vielleicht sogar berühren und mit ihm reden können! Sie machte sich bereit, jede Faser ihres Körpers, leise wie eine Löwin auf dem Kräuterboden, bereit zum Sprung... mit ihren weichen Pranken! Kurz bevor sie aber aufsprang, hob der Hirsch ruckartig den Kopf und rannte wie von der Hornisse gestochen in den dichten Wald! Schnell wie ein Feldhase. "MIST! WEG!" Was mochte ihn... "HEY!!", eine Burschenstimme erklang auslachend hinter ihr. "Was machst du da?" Sie zuckte zusammen, richtete sich blitzartig auf und drehte sich um. Ein fremder Bauernbursch stand da! Er hatte eine Lederhosn, braune Sonntagsschuhe und ein knopfreiches rotes Hemd. "Wieso hast du das gemacht?", rief Vroni. "Was gemacht?" "Den Hirschen verscheucht!" Er antwortete nicht.