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Chapter 97


Eine Atempause, in der sich auch die Erregung der Zuhörer Luft machte. Wohinaus wollte dieser unheimliche Dengern? War nun Hartwig der Mörder oder nicht? Fragend sah der Reichskanzler den Präsidenten an, dieser zuckte die Achseln. Hartwig aber war jetzt ganz blaß und hielt den Kopf so gebeugt, daß man sein Gesicht nicht sah. Dengern sprach weiter.
"Trotz dieser logischen Kette packten mich immer wieder neue Zweifel, schrie immer wieder eine innere Stimme mir zu: Thomas Hartwig ist kein Mörder! Schlimme Tage und schlaflose Nächte kamen für mich, ich begann tastende Versuche nach anderen Richtungen zu machen, forschte abermals auf eigene Faust nach Spuren der Verschwundenen — alles vergebens, alles wies auf Hartwig hin, der nicht sprechen wollte, nicht leugnete und nicht gestand.
Eines Tages kam ich dem Rätsel gewaltig näher, nur daß ich leider die Lösung mißverstand. Ich schlich mich in das Zimmer, das Fräulein Lotte bewohnt, hatte aber wenig mehr als drei oder vier Minuten Gelegenheit, mich in ihm allein aufzuhalten. Es fiel mir nichts Besonderes auf: fast instinktiv griff ich nach Büchern, die auf einem kleinen Ständer lagen und bekam zufällig einen alten französischen Roman in die Hand, den, wie ich aus dem Exlibris ersah, Hartwig seiner Geliebten geborgt haben mochte. Ich schlug ohne Zweck und Ziel das Buch auf, stieß an eine Stelle, die mit Bleifeder angestrichen und an der Seite mit einem Ausrufungszeichen versehen war. Blitzschnell las ich den Satz. Er lautete:
'Damals war ich so weit, daß ich einen Mord hätte begehen können, nur um aus dem Dunkel emporzusteigen.'
An der Seite aber stand neben dem Ausrufungszeichen mit Bleifeder geschrieben: 'Vielleicht eine Lösung auch für uns!'
Nun aber muß ich mich selbst sträflichen Leichtsinnes beschuldigen. Es wäre meine Pflicht gewesen, das Buch einzustecken und auf seinen Inhalt sowohl als auf die Autorschaft der Randbemerkung zu untersuchen. Ich tat dies nicht, weil ich keinen Grund zu haben glaubte, Lotte Fröhlich hereinzuziehen und die Bemerkung, die ich ohne weiteres Hartwig zuschob, nur als kleines Glied in meiner Beweiskette einschätzte. Vielleicht daß er durch dieses Buch auf die Idee, Frauen zu ermorden, gekommen war. Aber wie belanglos wäre dies schließlich der nüchternen Justiz gegenüber gewesen!