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Chapter 70


Juliette.
Alte Todsünde! böser verführischer Teufel! Es ist wol eine grössere Sünde von dir, daß du mich treubrüchig machen willst, und daß du meinen Gemahl mit eben dieser Zunge lästerst, mit der du ihn so viel tausendmal über alles erhoben hast? Geh, Rathgeberin – – du und mein Busen sollen von nun an keine Gemeinschaft mehr mit einander haben: Ich will zu dem Pater, um zu hören, ob er mir zu helfen weiß; und fehlt alles andre, so hab ich Muth zum Sterben.

[Sie geht ab.]


Vierter Aufzug.
Erste Scene.
(Das Kloster.)
Bruder Lorenz und Paris treten auf.
Bruder Lorenz.

Auf den Donnerstag, Gnädiger Herr! Die Zeit ist sehr kurz.

Paris.
Mein Vater Capulet will es so haben, und seine Eilfertigkeit stimmt zu sehr mit meinen Wünschen überein, als daß ich sie aufzuhalten gedenken könnte.

Bruder Lorenz.
Ihr gesteht doch, daß ihr die Gesinnungen der jungen Dame noch nicht wißt – – Diese Sache geht nicht wie sie gehen soll; es gefällt mir gar nicht.

Paris.
Sie überläßt sich einer ganz unmässigen Traurigkeit über Tybalts Tod, und das war die Ursache, warum ich ihr noch wenig von Liebe sagen konnte; denn Venus lächelt nicht in einem Trauer-Hause. Nun hält es ihr Vater für gefährlich, daß sie ihrem Kummer so viel Plaz geben solle, und beschleuniget unsre Vermählung, in der Absicht, dem Lauf ihrer Thränen dadurch Einhalt zu thun; allein und sich selbst überlassen, findet sie eine Art von Ergözung darinn, eine Traurigkeit zu nähren, von der nichts als die Gesellschaft sie zerstreuen kan. Begreift ihr nun die Ursache dieser Eilfertigkeit?

Bruder Lorenz (bey Seite.)
Ich wollt’, ich wißte nicht, warum ihr Einhalt gethan werden muß – – Seht, Gnädiger Herr, hier kommt das Fräulein gegen meine Celle her.

Juliette zu den Vorigen.