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Chapter 29


Krause hing gespannt an ihren Lippen. "Nun, und wissen Sie noch, wie der Text der Annonce gelautet hat?"
Fräulein Lieblein schüttelte den Kopf. "Nein, das nicht, aber die Chiffre, unter der er die Briefe abholen wollte, ist mir irgendwie aufgefallen. Wenn ich sie vor mir hätte, würde ich sie gleich unter hundert anderen herausfinden."
Ungeduldig pochten Leute an das Schalterfenster, Fräulein Lieblein bat eine der anderen Damen, sie zu vertreten, führte Krause rückwärts in die Administration und begann die Exemplare des "Generalanzeigers" ab Mitte Mai zu durchforschen. Nach gut einer Stunde, sie war eben beim Sonntagsblatt vom 2. Juni angelangt, legte Krause, der über ihre Schultern gebeugt mitsuchte, den Finger auf eine Anzeige und sagte trocken und bestimmt:
"Das wird es sein!"
Die Annonce lautete:
Akademisch gebildeter Herr, 32 Jahre alt, einnehmendes Äußere, wohlhabend, der sich in der Nähe von Berlin ankaufen will, sucht, des Alleinseins müde, Lebensgefährtin. Reflektiert wird auf gut erzogene Dame, die einem liebevollen, charakterfesten Mann eine treue, brave Gattin sein will. Etwas Vermögen erwünscht. Freundliche Anträge unter "Idylle an der Havel" an den "Generalanzeiger".
"Jawohl," schrie Fräulein Lieblein erregt auf, "das ist die Annonce! Idylle an der Havel, so hat die Chiffre gelautet! Wissen Sie, dieses 'Idylle an der Havel' hat mich so eigentümlich berührt und ich dachte mir, daß an der Seite des netten, blonden Herrn ein Mädchen doch ein rechtes Glück finden könnte. Ich wurde sogar ein wenig traurig damals —".
Fräulein Lieblein schwieg plötzlich verschämt und Krause ließ aus seinen grauen, kühlen Augen einen Blick voll Mitleid über das hagere, eckige, reizlose Mädchen gleiten.