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Chapter 103


Lotte Fröhlich erklärte sich bereit, zusammenhängend zu erzählen. Was sie berichtete, bestätigte die Aussagen Dengerns vollinhaltlich. Seit Jahr und Tag hatte sie beobachtet, wie ihr heimlich Verlobter immer mehr verbittert und mutlos wurde. "Ich sah voraus, daß er eines Tages alle seine Hoffnungen begraben, den Glauben an sich selbst verlieren und ganz in der Tagesjournalistik untergehen würde. Ich wußte, daß er oft bittere Not litt, sich das Abendessen versagte, um mir ein paar Blumen schenken zu können, und nachts Adressen schrieb, um wenigstens etwas zu verdienen. Dabei durfte ich ihm nicht helfen, auch wenn ich es hätte tun können. Denn Hartwig ist stolz und empfindlich und mehr als einmal erklärte er es als Vergehen zu empfinden, daß er mein Leben an seine Hoffnungslosigkeit knüpfe. In solcher Stimmung las ich ein französisches Buch, das Hartwig mir geborgt hatte. Einen Roman, in dem unter anderem auch ein Maler vorkommt, den die Welt nicht beachten will. Später, zu Ruhm gelangt, erzählt er von seinen Kämpfen und sagt:
'Damals war ich so weit, daß ich hätte einen Mord begehen können, nur um aus dem Dunkel emporzusteigen.'
Diese Worte faszinierten mich und ließen mich nicht mehr los. Ich strich die Stelle an, machte eine Randbemerkung und erzählte davon Thomas. Er lachte und sagte: "Also eine moderne Herostratestat, aber nicht um durch die Tat berühmt zu werden, sondern um durch sie schon vorhandene Werke berühmt zu machen.' Ich aber drängte von da an in vollem Ernst, daß Thomas irgendetwas scheinbar ganz Ungeheuerliches tun müsse, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Eben hatte sich in Paris der Landru-Prozeß abgespielt und meine vagen Ideen nahmen immer festere Formen an. Hartwig war mit seiner spielerischen Phantasie leicht gewonnen und nach und nach heckten wir einen Plan in allen Details aus, um Frauenmorde vorzutäuschen, die zur Verhaftung Hartwigs führen mußten. Als wir endlich einig waren, behob ich mein kleines Vermögen und machte mich so rasch an die Arbeit, daß Hartwig gar nicht mehr überlegen konnte. Hartwig verfaßte die vielversprechende Annonce und ich schrieb in verschiedener Handschrift fünf Antworten. Mein Feuereifer war aber zu groß, ich beging den Unsinn, zwei Briefe noch am Tage vor dem Erscheinen der Annonce aufzugeben. Wären nicht zufälligerweise gerade diese zwei Stempel sehr undeutlich gewesen, so hätte das unser Spiel allzurasch beenden können.