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Chapter 2

J
ahrzehnte hatte keiner im Königreich mehr von der Truhe gesprochen und fast geriet sie in Vergessenheit. Bis Alissa, des Königs junge Tochter, in der Bibliothek auf einmal auf ein vergilbtes Pergament stieß: Es war mit silbernen fremdartigen Glyphen betitelt und mit purem Gold beschrieben...
"Was ist das für eine uralte Schrift? Solche Glyphen hab ich noch niie gesehen!", murmelte sie in sich hinein, während sie auf dem hohen abgehobelten Holzschemel saß, um auf den alten Tisch blicken zu können. In der Bibliothek war es leise und der blöde Aufseher Bartlen brütete immer noch gebückt über einem Stapel alter Bücher. Ein Bibliothekskäfer wanderte über ihre winzige Hand. Ihr Blick wanderte zurück, auf das alte Schriftstück. Nur ein einziger Mann konnte diese Zeichen in Goldtinte wohl entziffern, dachte Alissa nach. Und das war Hermi, der alte Schatz- und Bibliotheksmeister! Leider hatte ihn ihr Vater schon seit Langem verbannt. Hermi hatte damals einen Befehl verweigert, der einem uralten Gesetz widersprach, das auf einem ähnlichen Pergament niedergeschrieben sein mochte wie dem hier... Manche murmelten aber auch hinter vorgehaltener Hand, Bartlen, der neue Biblioheksaufseher habe den König in dieser Sache angelogen und ihn bedrängt, um Hermis gute Stellung zu bekommen - und damit mehr Macht im Königreich! Naja. Hermi jedenfalls wohnte seitdem in einer moosalten Einsiedlerhütte auf einem wildpflanzigen, wilden Berg am Rande des Inselreichs... Sie hatte ihn noch nie besucht, obwohl sie gerne wollte. Es war ihr verboten, allein so weit von der Burg wegzugehen, aber... Alissa stand auf. Sie hatte soeben einen umwälzenden Beschluss gefasst! Verstohlen sah sie sich um. Keiner der Leser schaute sie ausnahmsweise an. Alle hockten und brüteten sie über ihren Büchern. Gut! Noch mehrmals zur Seite spähend, ließ sie das alte Stück Pergament plötzlich und in einer blitzschnellen Bewegung unter ihr Kleid wandern! Dann ging sie Richtung steinernem Ausgangstor. "Heute schon fertig, 'Unsre' Prinzessin?", dröhnte der Bartlen. Überrascht drehte sie sich um. Er war ihr unsympathisch, seit sie ihn vor 8 Steinen das erste Mal gesehen hatte. So redete man mit keiner Adligen. Und schon gar nicht mit einer Königstochter! Seine fetten Augen und sein glitschiges Haar waren abstoßend! Außerdem hing ständig ein Faden Spucke in seinem irren Mundwinkel. Iih! Sein anderer Mundwinkel war seltsam freundlich.
"Ja, Bartlen", erwiderte sie nur knapp und versuchte, damit so schnell wie möglich das Gespräch zu beenden.
"Was haben Wir denn heute für ein dickes Bäuchlein?", sagte er, an ihr herab stierend, und zog die Augenbrauen hoch. Sie versuchte, an ihm vorbeizuhuschen. Doch es gelang nicht: Seine fetten Arme versperrten das Bibliothekstor. Kein Hirn. Nur Fleisch!
"Ach, ich habe heut mal wieder über den Hunger gegessen!", sagte Alissa und zwang sich zu einem Lächeln. "Ihr kennt das ja!", spielte sie hintergründig auf Bartlens Mordsbauch an, der so dümmlich aussah wie eine Steinkugel!
"Ich glaube Euch nicht", sagte ihr Gegenüber mit steinerner, kalter Miene. Keine Wimper zuckte! "Ich habe von drüben aus gesehen, wie 'Ihr' ein Stück Pergament unter Eurer Kleid versteckt habt. Ist es eine alte Schrift? Was wollen Euer Kleinlaucht damit?"
Alissa spürte ängstlich das alte Papier auf ihrer Haut. Es ritzte.
"W...Wie bitte?", rang sie nach Fassung, "Was erlaubt Ihr Euch! Das habe ich nicht! Jetzt lasst mich vorbei, oder.."
Sie hob drohend den kleinen Zeigefinger. Der Bartlen trat erst nach zwei Sekundenschlägen und zögerlich zur Seite. Er überspannte! Nur Dumm, kein Gehirn. Ein richtiger Fleischmetallberg.
"Ich werde das selbstredlich Eurem Vater melden müssen! Befehl des Königs: Alles Unübliche in der Burg ist zu melden!", rief er ihr mit einem seltsamen Haha nach.
Alissa rannte vor diesem grausamen Lachen weg. Aus der Bibliothek. Ach, wäre doch nur Hermi wieder da! Er war immer so gutmütig und lustig gewesen und hatte ihr hin und wieder auch ein magisches buntes Buch geschenkt! Dieser neue Aufseher aber war ein harter Kuchen. Marmorkuchen! Ach, WIE sie den Bartlen hasste! Typisch: Bartlen strebte seit jeher nach neuer Macht und Einfluss bei ihrem Vater. Womöglich wollte er ihn irgendwann sogar stürzen und sich der großen Schatzkammer bemächtigen? Das durfte sie nicht zulassen!
Auf ihrer Kammer, holte sie entschlossen das vergilbte Pergamentstück aus ihrem Kleid. Sie verschnürte es und packte es mit Honig und fünf Brotscheiben und mit was sie sonst noch alles an Dingen für eine Zweitagsreise brauchte auf ein feines Leinentuch, faltete dieses zusammen und band es an ihren langen kiefernen Wanderstock. Ihr Vater durfte nicht so schnell erfahren, dass sie etwas aus der Bibliothek mitgenommen hatte. Sonst würde er sie womöglich noch aufhalten! Bestimmt würde er ihr nachher die Eulenwächter hinterher schicken. Die Bewacher der Burg. Sie musste sich also sputen! So schnell es ging aus dem Gemäuer! So huschte sie herunter auf den Eulenhof und "Husch!" schnell schnell an den sich wundernd umdrehenden Wachen des Barbatores vorbei über die Zornekussbrücke, die vermoderte Zugbrücke über dem Graben. Kein Wunder, dass der vertrocknet war! Seit Jahrzehnten hatten keine Feinde die Eulenburg mehr angegriffen. Alissa kannte nur den Frieden...
Geschafft! Bald später wanderte Alissa über Stock und Stein eines kleinen Weges in Richtung Grenzen ihres Vater' Landes.